Der Werwolf wird verwundet
Es war die Zeit der Heumahd, als einer der ersten Ansiedler von Klein-Eichen
aus dem Dammegrund, wo er sich müde geschafft hatte, geruhsam heimkehren
wollte. Auf einmal stürzt aus dem Bornwäldchen ein großer,
dicker Wolf, von denen es damals viele gegeben hatte, heraus, geradewegs
auf den Bauern zu und will ihn partout in tausend Stücke reißen.
Er also flugs die Sense vom Buckel genommen und mit lautem Geschrei um
sich geschlagen, so lange er kann.
Eine geraume Weile dauerte dieser erbitterte Kampf, aber die Kräfte
des Mannes ließen nach, seine Sense fiel ihm zu allem Unglück
auch noch auseinander. Als er nun noch einen anderen Wolf blutdürstig
in seinem Rücken jappen hörte, gab er seine Partie für
verloren und erwartete nichts anderes als seinen Tod.
Doch das Getier hinter seinem Rücken war kein Wolf, sondern sein
treuer großer Hund, der wie gerufen dazu kam und ihm wütend
zur Hilfe herbeisprang. In einem Nu warf sich dieser auf den Unhold, riß
ihn nieder, würgte ihn am Halse und zerbiß ihm zwei Beine,
daß er so erbärmlich heulte, daß es einem durch Mark
und Bein ging. Gewiß hätte er ihm auch vollends den Garaus
gemacht, wenn er nicht, so schnell wie man eine Hand umwendet, weg gewesen
wäre. Man konnte keine Spur von ihm entdecken. Der Klein-Eichener
ging also mit vielem Kopfschütteln heim und merkte wohl, daß
es bei diesem Abenteuer nicht mit rechten Dingen zugegangen sein mochte.
Am folgenden Tag hörte er zufällig, daß genau seit der
Stunde, als sich dieses Stück zugetragen hatte, in Ilsdorf ein Mann
plötzlich todeswund im Bett gefunden worden sei, für den es
wenig Hoffnung geben soll. Es seien ihm, man wisse nicht wie, beide Beine
am Leib kurz und klein zerbissen, und er werde es also unmöglich
mehr lange machen. Da sprach der Bauer zu sich selbst:"Kenne ich
dich jetzt, du Werwolf? Dir ist recht geschehen. Du magst nun ausfressen,
was du dir eingebrockt hast." |
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