17. Dezember 1924

Wasserversorgung

Die Wasserversorgung der Dörfer des Vogelsberges kann als vorzüglich bezeichnet werden, denn von sämtlichen Gemeinden des Kreises Schotten sind nur noch drei ohne eigene Wasserleitung. Die Wasserwerke konnten alle mit natürlichem Gefälle erbaut werden. In den Vogelsbergdörfern des Kreises Lauterbach und Büdingen findet man ebenfalls kaum noch ein Dorf ohne Wasserleitung.

(Grünberger Anzeiger)

 
16. Dezember 1924

Feldbereinigungen im Kreis Gießen

Eine sehr rührige Tätigkeit entfaltet die Behörde, die die Feldbereinigungen im Kreise Gießen auszuführen hat. [Klein-Eichen und Lardenbach gehören dem Kreis Schotten an.] Von den 80 Gemeinden haben über 60 - also mehr als drei Viertel - ihre Gemarkungen vermessen und bereinigt. Sie erkannten als intelligente Landwirte die Vorteile des Verfahrens und stimmten den Plänen der Behörde zu und sind heute überzeugt, daß die Feldbereinigung für eine intensive und rationelle Landwirtschaft unerläßlich ist.

Fast allgemein durchgeführt ist sie in dem südlichen Teil des Kreises, der noch zu der fruchtbaren Wetterau gehört. Wir erwähnen hier die Orte: Hungen, Lich, Langsdorf, Inheiden, Utphe, Rotheim, Steinheim, Bellersheim, Obbernhofen, Bettenhausen, Birklar, Muschenheim, Oberhötgern, Eberstadt, Dorf-Güll, Lang-Göns, Grüningen und Leihgestern.

Auch im Lahntal und in der Rabenau sind die meisten Gemarkungen bereinigt, so wie die guten Bauerndörfer Queckborn, Ettingshausen, Münster, Ober- und Niederbessingen. Nahezu fertiggestellt sind u. a. Lumda und Reinhardshain, während sich noch in Arbeit bzw. in Vorbereitung befinden, wie u. a. Harbach, Lauter, Stangenrod und Beltershain.

Die erste Feldbereinigung im Kreise wurde in Saasen 1892 ausgeführt, als zweite Gemeinde folgte Steinbach, die Hauptarbeit leistete die Behörde in den letzten 20 Jahren.

Die Gemeinden bzw. Gemarkungen, die in der Durchführung des Feldbereinigungsverfahrens noch zurückstehen, sind etwa 18, u. a. nämlich Grünberg, Weickartshain und Stockhausen. Auch hier gewinnen die Freunde der Feldbereinigung immer mehr Anhänger, besonders da, wo die Landwirte die Vorzüge in der Nachbargemeinde beobachten können.

(Grünberger Anzeiger)

 
07. Dezember 1924

Reichs- und Landtagswahl am 7. Dezember 1924

Während die Wahl im Mai 1924 noch stark von den Auswirkungen der sozialen Folgen der Inflation und der Stabilisierung bestimmt war, fand die Dezemberwahl in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs statt. Die Arbeitslosigkeit, die im Sommer 1924 noch einmal stark gestiegen war, ging im Herbst deutlich zurück. Die Löhne stiegen deutlich an und auch die Arbeitszeit sank teilweise ab.

Das Ergebnis der Wahl vom Dezember unterschied sich von der im Mai durch die deutlich geringere Bedeutung der radikalen Parteien. Die Flügelparteien wurden stark geschwächt. Davon konnte die DNVP leicht und die SPD deutlich stärker profitieren. Der Stimmenanteil der DNVP stieg von 19,5 % auf 20,5 %. Die SPD wuchs von 20,5 % auf 26 %. Die KPD sank von 12,6 % auf 9 % und die Nationalsozialisten und Völkischen zusammen fielen von 6,5 % auf 3 % ab. Im Bereich der DDP und DVP sowie des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei waren die Veränderungen gering.

Der Landtag des Volksstaates Hessen war das Landesparlament und damit die Legislative des Volksstaates Hessen in der Weimarer Republik. Sein Vorgänger waren die Landstände des Großherzogtums Hessen, sein Nachfolger der Hessische Landtag. Bei den Landtagswahlen im Volksstaat Hessen wird die bisherige Regierungskoalition bestätigt. SPD, Zentrum und DDP erreichen mit 43 von 70 Sitzen zusammen die absolute Mehrheit.

In den Dörfern des Vogelsberges gewann deutlich der Hessische Bauernbund vor der Sozialdemokratischen Partei. Bei der Landtagswahl erhielt der H. Bauernbund 9 Sitze. Der Sitz des Landtags war das Ständehaus am Luisenplatz in Darmstadt.

Klein-Eichen
Reichstag

Klein-Eichen
Landtag
Lardenbach
Reichstag
Lardenbach
Landtag
Sozialdemokratische Partei
5
6
27
27
Deutschnationale Volkspartei
-
-
14
10
Deutsche Zentrumspartei
-
-
-
1
Kommunnisten
-
-
1
-
Deutsche Volkspartei
2
-
6
2
Nationalsoz. Freiheitsbewegung
-
-
1
-
Demokratische Partei
-
-
3
3
Wirtschaftspartei d. d. Mittelst.
1
1
-
-
Hessischer Bauernbund
71
72
119
126
Haeußerbund
1
-
2
-
Freiwirtschftsbund FFF
-
-
-
-
Unabhängige S. P. D.
1
-
-
-
Vereinigte sch. h. Landwirte
-
2
-
4

Fotos

 
06. Dezember 1924

Öffnungszeiten

Die Grünberger Geschäfte sind an den Sonntagen vor Weihnachten bis 7 Uhr abends geöffnet.

(Grünberger Anzeiger)

 
04. Dezember 1924

Weihnachtsbäume

An vielen Bahnstationen des Vogelsberges werden Weihnachtsbäume für die Städte verladen. Die Weihnachtsbäume sind das Erträgnis der vor 12 bis 15 Jahren angepflanzten privaten Oedländereien.

(Grünberger Anzeiger)

 
19. November 1924

Strompreis

Der elektrische Lichtpreis wurde in Lauterbach auf 40 Pfg. pro Kilowattstunde herabgesetzt. Schlitz hat schon seit Januar ds. Js. denselben Lichtpreis von 40 Pfg. Im Kreis Schotten zahlt man 50 Pfg., also 20 Prozent mehr als diese städtischen Werke, zumal die Kosten der Anlage des Stauwerks bei Lißberg durch die Inflation abgedeckt sein dürften, dieses Werk also besonders billig arbeiten müßte. Aber es scheint zu stimmen, daßdas Überlandwerk heute erheblich teurer arbeitet als die städtischen Betriebe.

(Grünberger Anzeiger)

 
15. November 1924

Aus Stadt und Land

Nach längeren Verhandlungen hat die hessische Staatsregierung für ihre landwirtschaftlichen Institute der Universität Gießen die beiden Hardthöfe als Versuchsgut und Forschungsinstitut gepachtet. Das Gut verfügt über schwere und leichte sowie mittlere Böden, sodaß für die mannigfachsten Versuche auf Feldern, Wiesen, Weiden, in Gärten und Obstanlagen wie auch im Genüsebau Gelegenheit geboten ist. Desgleichen können Züchtungs-, Fütterungs- und sonstige Tierversuche durchgeführt werden. Damit finden die Arbeiten der Dozenten, Assistenten und älteren Studierenden (Doktoranden) eine neue Stätte.

Die Landwirtschaftliche Schule Grünberg nimmt am 10. November vorm. 9 Uhr den Unterricht für das Winterhalbjahr 1924-25 wieder auf. Während seither die Aufnahme nur nach vollendetem 16. Lebensjahr möglich war, können jetzt auch schon Schüler unter 16 Jahren aufgenommen werden. Leider wird der Wert, den unsere landwirtschaftlichen Schulen für die bäuerliche Bevölkerung besitzen, immer noch zu gering eingeschätzt und zu wenig erkannt. Hoffentlich werden in diesem Winter besonders die in nächster Nähe Grünbergs gelegenen Ortschaften es nicht verfehlen, zum Nutzen für sich und der Anstalt eine größere Anzahl von Schülern anzumelden.

Am 1. Dezember 1924 findet eine Viehzählung statt. Sie erstreckt sich auf Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen und Federvieh. Es ist dabei zu beachten, daß diese Viehgattungen auch bei Nichtlandwirten gezählt werden müssen, also in jeder Haushaltung, in der auch nur eine dieser genannten Viehgattungen vorkommt. Bei dieser Zählung ist die Zahl der in der Zeit vom 1. Dezember 1923 bis 30. November 1924 vorgenommenen, von der amtlichen Schlachtvieh- und Fleischbeschau befreiten Haus- und Privatschlachtungen zu ermitteln. Die Erhebung der Hausschlachtungen soll eine Ergänzung der Fleischbeschaustatistik sein, um den gesamten Fleischkonsum des Landes festzustellen. Es sind also bei der Zählung sämtliche Schlachtungen einzutragen, die in den letzten 12 Monaten vorgenommen worden sind, ohne daß gemäß den bestehenden Vorschriften eine Schlachtvieh- und Fleischbeschau vorzunehmen war, also nur die sogenannten Hausschlachtungen [...]

Nach der furchtbaren und Werte zerstörenden Zeit der Inflation wurde am 15. November d. J. zur Ablösung der Papierwirtschaft die Rentenmark als vorläufige Währung in Deutschland eingeführt. Der mit der Schaffung der Rentenmark verfolgte Zweck, die Stabilisierung der deutschen Währung und Wirtschaft, ist voll und ganz erreicht worden. Heute handelt es sich darum, die Stabilisierung zu erhalten und zu sichern und damit die Voraussetzungen für die Gesundung und den Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft zu schaffen. Es gilt, die Übergangswährung durch die seinerzeit in Aussicht genommene endgültige Währung, die Rentenmark durch die Goldmark, die neue Reichsmark, abzulösen. Diesen Zweck sollen die neuen Reichsmarknoten erfüllen, die in diesen Tagen zur Ausgabe kommen.

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
14. November 1924

Landwirtschaftliche Schule

Am Montag, den 10. November, vormittags 9 Uhr eröffnete die landwirtschaftliche Schule Grünberg ihr 4. Winterhalbjahr. Nach einer Ansprache des Direktors, durch welche die Schüler mit der Bedeutung und den Einrichtungen der Anstalt bekannt gemacht wurden, fand die Einführung der Schüler in ihre Klassen statt.

Erfreulicherweise sind in diesem Jahre die Neuanmeldungen in größerer Zahl eingelaufen, so daß die neue Unterklasse einen Bestand von 42 Schülern aufweisen kann. Dies dürfte wohl ein Beweis dafür sein, daß man den Wert der landwirtschaftlichen Schulen für die jungen Landwirte allmählich einzusehen beginnt.

(Grünberger Anzeiger)

 
23. Oktober 1924

Aus Stadt und Land

Der Auftrieb zum Viehmarkt (15. Oktober 1924), 890 Schweine und 11 Stück Rindvieh, und die Zahl der Verkaufsstände, 136, entspreachen nicht ganz den großen Erwartungen, die man an den Ausfall verschiedener Märkte in benachbarten Bezirken geknüpft hatte. Der serste Friedensgallusmarkt im Jahre 1921, der letzte vor der verheerenden Inflation, mit 967 Schweinen und 158 Krämerständen, wurde nicht erreicht. Dafür war der Umsatz auf allen Gebieten - außer dem Rindviehmarkt - umso flotter. Der Ferkelmarkt wurde bei anfangs niedrigen, gegen Schluß hin steigenden Preisen rasch geräumt. Der Umsatz auf dem Rindviehmarkt war unbedeutend. Gute Ergebnisse erzielte ein Teil der Krämerstände. Sehr zufrieden waren die meisten Geschäfte in der Stadt.
Um die Mittagszeit herum, nach dem Eintreffen der Züge und der Rückkehr der Viehmarktbesucher aus den benachbarten Dörfern, belebte sich der Geschäftsgang zusehends. Lebhafter Umsatz hielt bis bis zum Abend an.
Auf dem Juxplatz war leider die angekündigte Berg- und Talbahn ausgeblieben. Es gab da eine Schiffschaukel, Schießbude, Tierschau, ein Kasperletheater, den Zirkus "Blondini" und ein kleines Kettenkarussell. Im Wirtszelt spielte das Stadtorchester zum Tanz. Der Tanzboden war nicht sehr stark besucht, denn bei dem schönen Wetter wurde überhaupt das allgemeine Herumziehen der seßhaften Gemütlichkeit vorgezogen. Am Abend füllten sich die Tanzsäle. Und bis zum frühen Morgen hallten die Straßen wider von den Gesängen und hier und da sogar von dem Tatendrang älterer und jüngerer Jugend.
Die Filmaufnahmen von dem bewegten Leben und Treiben auf der Käswiese und in der Stadt haben stattgefunden und dürften in Kürze zur Vorführung kommen.

Der Professor des Ethnologischen Museums in Stuttgart, Koch-Grünberg, der vor einigen Wochen zum vierten Male nach Brasilien abgereist ist, um dort das Quellgebiet des Orinoko zu erforschen, ist nach einem Telegramm, das bei seinen Verwandten in Berlin heute (15. Oktober 1924) eingetroffen ist, in Manaos am Amazonenstrom an Malaria verstorben.

Am Sonntagmorgen (19. Oktober 1924) wurde hier auf Einladung der Wehr in Schotten durch die Kommandanten der Freiwilligen Wehren und einzelne Kommandanten der Pflichtfeuerwehren des Kreises im alten Brauhaus ein Kreisfeuerwehr-Verband gegründet. Nachmittags fand die Schlußübung der hiesigen Wehr statt, an der die auswärtigen Kommandanten und auch die Behörden der Stadt teilnahmen.

Gerissene Gauner verschaffen sich in den Dörfern gute Einnahmen durch folgendes Verfahren: Sie gaben an, Vertreter des Elektrizitätswerkes zu sein und untersuchten die elektrischen Hausanlagen. Bei der Untersuchung zerstörten sie die Sicherungen und Glühkörper und verkauften den Hausbesitzern neue. Den Erlös setzten sie in Alkohol um und machten sich über die Dummheit der Leute lustig.

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
11. September 1924

Meldungen

Am vergangenen Sonntag (31. August 1924) feierte der Zweigverein Grünberg des Gustav Adolf-Vereins sein Jahresfest, diesmal in Grünberg selbst. In dem auch von auswärtigen Mitgliedern gut besuchten Festgottesdienst, der abweichend von dem sonstigen Brauch wegen des Regenwetters nicht im Freien stattfinden konnte, predigte Herr Pfarrer Becker aus Gießen über den Wert der Gemeinschaft im Geiste und Glauben. In jedem Jahr werden durch den Gustav Adolf-Landesverein für eine bedürftige evangelische Gemeinde in andersgläubiger Gegend von seinen Mitgliedern Beiträge zu einem Kirchbau gesammelt. Besonders interessieren die Sammlungsergebnisse des Jahres 1924 aus den Gemeinden des Zweigvereins Grünberg. An Hauskollekten und Konfirmandengaben gingen ein aus: Ermenrod 35 Mark, Groß-Eichen (Klein-Eichen) 25 Mk., Grünberg 77 und 261 Mk., Londorf 1 36 Mk., Londorf 2 90 Mk., Merlau 73 und 12,22 Mk., Nieder-Gemünden 74 und 15,70 Mk., Nieder-Ohmen 123 Mk., Ober-Ohmen 63 Mk., Queckborn 67 Mk., Winnerod 45 Mk., Wirberg 50 Mk.

Die Regenperiode, die im Raume Laubach am 16. Juli (1924) einsetzte, und dann und wann durch einen oder zwei trockene Tage unterbrochen wurde und anscheinend auch jetzt noch nicht beendet ist, hat nicht nur die Feldfrüchte vernichtet, auch das Obst hat unter der Nässe und dem Mangel an Sonne stark gelitten. Was an den Bäumen nicht verfault, das platzt auf und wird für Verkauf und Versand unbrauchbar. In landwirtschaftlichen Kreisen erhebt sich angesichts der schweren Mißernte die Forderung auf staatliche Hilfe.

Das jetzige Sparsystem der Eisenbahn hat auch für Laubach mancherlei unangenehme Folgen gebracht. Zuerst kam an Sonntagen die vollständige Einstellung des Verkehrs auf der Strecke Laubach - Mücke, jetzt (11. September 1924) erfolgt ein erheblicher Arbeiterabbau. Die hiesige Bahnmeisterei beschäftigt auf höhere Anordnung eine Anzahl ihrer ständigen Arbeiter nur noch als Zeitarbeiter mit verkürzter Kündigungsfrist, gleichzeitig ist diesen die baldige Entlassung in Aussicht gestellt.

(Grünberger Anzeiger)

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21. August 1924

Unwetter

Schwere Gewitter tobten am Dienstag den ganzen Tag über Laubach und Umgebung bis Freienseen. Von dem wolkenbruchartigen Regen traten Bäche über ihre Ufer und überschwemmten besonders die noch mit Frucht bestandenen Felder in den Auen. Durch Hagel erlitt die Frucht schwere Schäden.

(Grünberger Anzeiger)

 
16. August 1924

Meldungen 1924

Bei Entnahme von Milchproben in Altenhain wurde in der Milch eines dortigen Landwirts ein Wasserzusatz von 10 Prozent festgestellt. In der Verhandlung am 31. Juli 1924 vor dem Schöffengericht in Laubach gegen den diesehalb wegen Milchfälschung Angeklagten konnte ein vorsätzliches Verschulden nicht nachgewiesen werden, es erfolgte jedoch Bestrafung wegen Fahrlässigkeit mit 25 Goldmark.

Das Landesfinanzamt Darmstadt hat angeordnet, dass vom Finanzamt Grünberg allmonatlich in Groß-Eichen und Londorf je ein Steuersprechtag abzuhalten ist und zwar in Londorf jeden vierten Montag im Monat und in Groß-Eichen jeden vierten Donnerstag im Monat (erstmalig am 28. August 1924). Der Sprechtag in Groß-Eichen gilt für die steuerpflichtigen Einwohner von Groß-Eichen, Ruppertenrod, Ober-Ohmen, Ilsdorf-Solms, Klein-Eichen und Lardenbach. Das bei diesen Steuersprechtagen einzuhaltende Verfahren kann bei dem Finanzamt Grünberg, sowie den beteiligten Bürgermeistereien erfragt werden.

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
27. Juli 1924

Missionsfest

Vorigen Sonntag (27. Juli 1924) fand hier in Lardenbach ein Volksmissionsfest statt, an dem Herr Missionar Heinrich Walther von Beuern, der uns schon mehrmals freundlich gedient hat, vormittags predigte. Am Nachmittag folgte dann eine sehr gut besuchte Feier im Garten bei der Kirche, wo Ansprachen von Pfarrverwalter Weinberger und Missionar Walther, Gesang des Männerchores, der Schüler und der vom hiesigen Bläserchor begleiteten Lieder der Festgemeinde wechselten.

Mit Ernst wurde von den Predigern auf die Hauptschäden unseres Volkslebens und den Weg zu ihrer Heilung hingewiesen. Nach der Kaffeepause wurde noch ein besonderer Gottesdienst für die Kinder gehalten und ihnen in anschaulicher herzbewegender Weise aus dem Gebiet der inneren Mission, der Anstalt Bethel und der Heidenmission in Kamerun erzählt.

An Opfern für die Mission gingen 105 Mk. ein. Es war eine schöne vom Wetter begünstigte Feier, die, wills Gott, bei Jung und Alt nicht ohne Segen bleiben wird.

(Grünberger Anzeiger)

Fotos

 
26. Juni 1924

Meldungen

Am Samstag (4. Juni 1924) fand eine Versammlung der Bürgermeister des Kreises Schotten in Laubach statt. Bei dem 1. Gegenstand der Verhandlungen "Gemeindesteuern" wurden aus der Mitte der Versammlung ernste Klagen und Mahnungen laut. Es wurde auch einstimmig beschlossen, bei der Regierung Vorstellungen zu erheben gegen die hohen staatlichen Ausgaben [...], gegen die Fortbildungsschule im Sommer und gegen die Mädchen-Fortbildungsschule. 2. Die Versammlung nahm mit Bedauern davon Kenntnis, daß Kreis und Gemeinden durch die neue Verordnung betr. die Fürsorgepflicht erheblich höhere Kosten für die soziale Fürsorge für Kriegshinterbliebene und -beschädigte, Sozial- und Kleinrentner und Wöchnerinnen haben werden. 3. Dem Vorschlage des Kreisamts, die Pflege der in Nutzung der Gemeinden befindlichen Obstbäume an den Kreisstraßen und auch event. der übrigen Gemeindeobstbäume dem Kreise zu übertragen gegen Ersatz der mäßigen Gebühren für die als Bauwärter ausgebildeten Straßenwärter stimmte die Versammlung zu. [...]

Nur ganz unverständige Leute können die Bedeutung des Chorgesanges unterschätzen. Es ist vielleicht das stärkste Mittel zur Verbreitung und Vertiefung der Kultur, das wir überhaupt besitzen. Das höchste, das Tiefste, was die Tonkunst hervorgebracht hat, liegt auf dem Gebiete des Chores. Der Wert der Chorvereine ist längst erkannt, und überall ist man bestrebt, den Chorgesang zu pflegen und zu fördern. Nicht immer war das so, nicht immer nahm das Vilk praktischen Anteil am Kunstwerk.

Von nächster Woche finden hier wieder Viehmärkte statt, die seither wegen vermehrten Auftretens der Maul- und Klauenseuche verboten waren. Wegen der ständigen Seuchengefahr muß jedoch sämtliches Vieh, das von Gießener Märkten stammt und in Hessen verbleibt, am Bestimmungsort für volle 5 Tage abgesondert werden (Quarantäne).

(Grünberger Anzeiger)

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13. Mai 1024

Schlachtgewicht

Die Metzger, Händler und Privatleute, welche ein Schlachttier nach Lebendgewicht kaufen, setzen stillschweigend voraus, daß das Tier nüchtern gewogen wird; d. h. daß man es am Tage vor der Schlachtung bzw. am Tage vor dem Wiegen spätestens um 6 Uhr abends zum letzten Male füttert. Bedauerlicher weise häufen sich in letzter Zeit die Klagen, daß viele Landwirte gegen Treu und Glauben verstoßen und die verkauften Schlachttiere, besonders die Schweine, noch kurz vor der Feststellung des Lebendgewichtes füttern. Meist wird zu derartigen betrügerischen und daher strafbaren Fütterungen die verhältnismäßig schwer wiegende und von den Tieren gerne genommene Körnerfrucht benutzt. Eine derartige Handlungsweise ist dazu angetan, das Ansehen der Landwirtschaft aufs schwerste zu schädigen und die geschäftliche Moral zu untergraben. Zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Käufer u. Verkäufer empfiehlt es sich, die Schlachtung in Gegenwart eines Tierarztes vorzunehmen und durch denselben Gewicht und Beschaffenheit des Magen- und Darminhaltes feststellen zu lassen.

(Grünberger Anzeiger)

 
04. Mai 1924

Reichstagswahl 1924

Die Reichstagswahl vom Mai 1924 endete mit einem erheblichen Stimmengewinn der extremen Rechten und einer schweren Niederlage der gemäßigten Linken. Die DNVP konnte ihre Stimmenzahl im Vergleich mit der Reichstagswahl von 1920 um 1,4 Millionen erhöhen. Ihr Stimmenanteil stieg von 15,1 % auf 19,5 %. Damit stieg die Partei zur stärksten Kraft unter den bürgerlichen Parteien auf und war nach der SPD die zweitstärkste Partei insgesamt. Die Deutschvölkische Freiheitspartei kam auf 1,9 Millionen Stimmen, was einem Anteil von 6,5 % entsprach. Ein nicht beträchtlicher Teil der Wähler hatte 1920 noch die DNVP gewählt. Insgesamt stimmte ein Viertel der Wähler für die antirepublikanische Rechte.

In Klein-Eichen erhielt die Vereinigte sozialdemokratische Partei (Ulrich) 4 Stimmen. Die Deutsche Volkspartei (Becker) hatte nur eine Stimme. Sieben Stimmen entfielen auf die Deutschnationale Volkspartei (Werner). Der Völkisch-Soziale Block (Dinter) kam auf 3 Stimmen. Der Hessische Wirtschaftsbund (Walther) hatte nur eine Zustimmung. Dagegen wählten den Hessischen Bauernbund (Dorsch) ganze 66 Wähler. Also verzeichnete man 79 gültige Stimmen im Dorf.

Vermutlich war das Klein-Eichener Wahllokal bei Bürgermeister Christian Hoffmann eingerichtet. Jeder Wähler erhielt einen Stimmzettel auf dem alle im Wahlkreis Hessen zugelassenen Wahlvorschläge verzeichnet waren. Diesen Einheits-Stimmzettel erhielt man nun erst im Wahllokal. Und nicht wie früher, wo dieser ins Haus gebracht wurde. Weiterhin erfolgte zu der Wahl der Hinweis, Bleistift und Brille nicht zu vergessen! Der ausgefüllte Stimmzettel sollte dann in den amtlichen Wahlumschlag gesteckt werden, den man ebenfalls im Wahllokal erhielt.

Lardenbach wählte übrigens mit Ilsdorf-Solms zusammen. Auch hier konnte der Hessische Bauernbund die meisten Stimmen sammeln. Ganze 207 gültige Stimmen wurden in den beiden Dörfern abgegeben. Im Januar 1919 wurde der Hessische Bauernbund in Friedberg neu gegründet. Politisch stand er dem Landbund bzw. Reichslandbund und der DNVP nahe. Er verstand sich als Interessenvertretung der ländlichen Bevölkerung und vertrat konservative und antisemitische Positionen.

Fotos

 
08. April 1924

Meldungen

Der Auftrieb zum Viehmarkt (30. März 1924) in Grünberg betrug 321 Schweine, meist 7- und 8 wöchige, die, soweit ein Absatz stattfand, mit 26-32 Mk. gehandelt wurden. Junge Tiere hatte man wegen des kalten, unfreundlichen Wetters nicht angefahren. Aus dem gleichen Grunde wurde der Markt von der Käswiese in die Gießener- und Londorferstraße verlegt. Der Handel ging sehr schleppend, es verblieb ein großer Überstand, woran außer der Geldknappheit ebenfalls die Witterung schuld sein mochte. Zum Krämermarkt hatten sich einige Stände an der Höfentränke und auf dem Marktplatz aufgestellt.

Unter Leitung des Zw.-V. Hoherodskopf fand am 6. April 1924 im neuen Clubhaus der diesjährige Bismarckkommers und die Reichsgründungsfeier mit 300 Gästen statt. Der Festredner des Abends zeigte wie das deutsche Volk in Zeiten schwerer Bedrängnis Führer gebraucht habe [...] Ein solcher Führer ist uns in Zeiten der Reaktion und Zersplitterung in Bismarck erwachsen [...] Ein Führer tut auch heute noch not, damit wir oder unsere Nachkommen wieder sagen können: "Deutschland über alles". Die Begeisterung, die die Worte des Redners auslösten, ließ die Versammlung das Deutschlandlied anstimmen.

Dem Groß-Eichener Pfarrer Robert Staubach zu Groß-Eichen wurde am 7. April 1924 die evangelische Pfarrstelle zu Watzenborn übertragen.

Durch den Mäusefraß und die lange Frostperiode haben unsere Wintersaaten stark gelitten; trotzdem sind dieselben gleichmäßig aufgegangen und ist zu einer weiteren kräftigen Entwicklung und Bestockung derselben eine Kopfdüngung von 40-60 Pfund Salpeter pro Morgen unbedingt notwendig. Landwirtschaftsamt Grünberg

(Grünberger Anzeiger)

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25. März 1924

Meldungen

Der Gemeinderat von Schotten hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, Sargholz in Zukunft nicht mehr zur Verfügung zu stellen. In Fällen besonderer Bedürftigkeit wird die Stadt auf Antrag eine finanzielle Beihilfe zu den Beerdigungskosten gewähren.

Großer Schaden unter den Wildbeständen ist zu Beginn des März durch die Kälte und die hohen Schneefälle im Gebiet des Vogelsberges zu verzeichnen. Die von Förstern ausgelegten Futterplätze waren bald zugeschneit, das Wild konnte daher seine Nahrung nicht finden und ist größtenteils verhungert.

In mehreren Orten der Umgebung von Mücke wurden wieder Milchpanscher entdeckt und zur Anzeige gebracht. Die geringen Geld- und Freiheitsstrafen, die der früheren Milchverfälscher unserer Gegend erhielten, scheinen wenig abschreckend gewirkt zu haben. Es ist schade, dass das Halseisen, wie wir es noch in der Kreisstadt Alsfeld sehen, nicht mehr in Anwendung kommt; denn solche Blutsauger an unserem verarmten und notleidenden Volkes gehören an den Pranger.

(Grünberger Anzeiger)

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22. Januar 1924

Karnevalverbot

Nach einer Bekanntmachung des Ministeriums des Inneren sind auch in diesem Jahre alle öffentlichen karnevalistischen Veranstaltungen verboten. In geschlossener Gesellschaft soll jedoch älteren größeren Vereinen Genehmigung zur Abhaltung einer karnevalistischen Veranstaltung gegeben werden, wenn eine solche Veranstaltung seither üblich war. Genehmigung wird jedoch nur für eine Veranstaltung erteilt.

(Grünberger Anzeiger)

[1924 war eine Zeit, in der der Karneval in Deutschland offiziell noch verboten war. Dieses Verbot hatte historische und politische Gründe. Trotz des Verbots gab es 1924 bereits Proklamationen von Prinzen nach dem Ersten Weltkrieg. Der Karneval erlebte also trotz der politischen Lage eine gewisse Wiederbelebung.]

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12. Januar 1924

Gruben-Arbeiter

Schon seit Wochen hatte die Arbeit auf den Gruben der Gewerkschaft Luise Weickartshain und Ilsdorf (Brauneisenstein-Bergwerk) geruht. Jetzt (Januar 1924) ist durch beiderseitiges Entgegenkommen wieder Aussicht auf Eröffnung des Betriebes. Die alten Arbeiter haben sich nahezu alle zu zehnstündiger Arbeitszeit vertragsweise bereit erklärt.

[Zeitweilig fanden bis zu 500 Bergleute und Arbeiter, auch Frauen und Jugendliche hier ein Einkommen. Leicht war die Arbeit in den Gruben nicht. Zur täglichen Schicht kam die häusliche Landwirtschaft, ohne die es nicht gereicht hätte. Doch die unmittelbare Auszahlung des Lohnes in bar, brachten eine deutliche Besserstellung der Bevölkerung]

(Grünberger Anzeiger)

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30. Dezember 1924

Pferde-Versicherungsverein Grünberg

Der Grünberger Pferde-Versicherungs-Verein, dessen Geschäftsbereich sich auf die Kreise Alsfeld, Gießen, Schotten, Friedberg, Büdingen und die preußischen Kreise Gelnhausen, Hanau und Marburg erstreckt, hielt am 30. Dezember im Gasthaus von Adolf Repp (Grünberg) eine gut besuchte außerordentliche Mitgliederversammlung ab, die über das Fortbestehen des Vereins zu beschließen hatte.

Der Vorsitzende Herr Direktor K. Schäfer-Grünberg, erstattete Bericht. Im 2. Halbjahr sei infolge der überstürzten Geldentwertung die Versicherung gegenstandslos geworden, die Mitgliederversammlung sei also über das Fortbestehen des Vereins zu hören.

Nach ausführlicher Aussprache wurde im Hinblick auf die Besserung der Geldverhältnisse der einstimmige Beschluß gefasst, den Verein weiter bestehen zu lassen und die Versicherung ab 1. Januar 1924 auf Gold- oder Rentenmark umzustellen.

Die Höchstversicherungssumme soll 1000 Rentenmark, für wertvolle Zuchtstuten jedoch 1200 Rentenmark, und die Prämie 2% betragen. In der Trächtigkeitsversicherung beträgt die Höchstversicherungssumme 50 v. H. der Stutenversicherung.

Durch die Umstellung auf Rentenmark wird der Verein, der jetzt im 48. Jahr besteht, für seine Mitglieder bei vorkommenden Schadenfällen wieder eine segensreiche, zweckentsprechende Einrichtung sein. Am 1. Januar 1924 hat das neue Geschäftsjahr begonnen. Neuanmeldungen werden bei den Besichtigungen und von dem Direktor jederzeit entgegengenommen.

(Grünberger Anzeiger)

 

 

 

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